Das Gontardsche Puppenhaus
Das Haus ist die Denk- und Funktionseinheit der Ökonomie. Das Haus ist nicht nur ein Gebäude, es bezeichnet vielmehr einen Personenverband, der aus Verwandten und Dienstboten besteht. Dieses „ganze Haus“ war die gesellschaftliche und wirtschaftliche Grundeinheit bis zur Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Das „Gontardsche Puppenhaus“ besteht aus sechs Räumen und wurde um 1745 in den Niederlanden hergestellt. Es war ein Geschenk von Freunden für die Frankfurter Bürgertochter Susanna d`Orville (1735-1800) zu ihrem 13. Geburtstag (1748). Im Jahr 1752 heiratete Susanna den Bankier Daniel Andreas Gontard (1727-1781). Das Paar hatte fünf Kinder, davon drei Mädchen. Ihnen diente das Puppenhaus zum spielerischen Lernen
Das Puppenhaus ist aus Fichtenholz und hat die Form eines Schrankes mit verschließbaren Türen. Es besteht aus nur zwei Geschossen mit je drei Räumen. Unten in der Mitte findet man die Eingangshalle, rechts davon liegt der vornehme Salon: mit Kamin, Schränken, Tischen und Stühlen, mit Bildern an den Wänden und Buchregalen. Links von der Eingangshalle liegt die Speisekammer mit Vorräten. Im Obergeschoss sieht man den oberen Vorplatz in der Mitte des Hauses mit Wäschepresse und Deckenlaterne. Rechts davon eine wieder sehr prunkvoll ausgestattete Küche.
Das Puppenhaus diente nicht etwa zum freien Spielen, sondern zur Belehrung der Kinder. Es stellte die sozialen und ökonomischen Zusammenhänge in einem großbürgerlichen Haushalt dar. „Ökonomie“ meint im wörtlichen Sinne „Haushalten“: das Handeln der Menschen für ihren Lebensunterhalt. Wie die Puppen zeigen, ist der Haushalt die Aufgabe von Frauen. Einziger Mann ist ein Diener in Livrée. Die Dame des Hauses teilt das Personal ein und bestimmt die Ausstattung der Räume. Und sie verfügt über das Geld für Anschaffungen und Löhne. Alle Ausgaben und Einnahmen trägt sie in das Haushaltsbuch ein.
Das Puppenhaus kam später in den Haushalt der Maria Magdalena Gontard, die Johann Friedrich Schönemann (1756-1832) heiratete. Deren einziges Kind war Mimi Schönemann (1787-1838), die 1816 den Buchhändler Carl Christian Jügel (1783-1869) heiratete. Carl Jügel veröffentlichte 1857 das Buch „Das Puppenhaus, ein Erbstück in der Gontard’schen Familie“. 1879 erhielt das Historische Museum dieses Puppenhaus als Stiftung von Mimi und Carl Jügels Söhnen.